Ein altes, zutiefst oberösterreichisches Gebäck aus früheren Zeiten mit vielen Namen: „Bunkl“, „Schlögel“, „Schedl“, „Schober“, „Wagga“,…

Backen mit Liebe – was bedeutet das?

Ist es Liebe, wenn man die Grundzutaten mit Bedacht auswählt und darauf schaut, dass sie saisonal und möglichst regional sind? Nennt man es Liebe, wenn man die Produkte mit Wertschätzung und Respekt behandelt, in dem Wissen um die Arbeit und die Menschen, die dahinter stehen? Bedeutet es Liebe, wenn ich bei der Verarbeitung darauf schaue, die Zutaten nicht zu verschwenden, achtsam damit umzugehen? Ich sage ja, all das heißt für mich „mit Liebe gemacht“.

Und mit Liebe denke ich dabei an die Menschen, für die ich koche und backe, mit denen ich gemeinsam die Speisen genieße. Aber auch an all jene Menschen die vor mir da waren, und aus mir die Person gemacht haben, die ich heute bin. Und bei diesem Schlögel kommen ganz besondere Erinnerungen an meine Kindheit hoch.

In den späten Achtziger- und frühen Neunzigerjahren des vorigen Jahrhunderts war der kleine Küchentisch meiner Oma der Sonntagstreffpunkt der ganzen Verwandtschaft. Hier wurde geratscht, getratscht und Geschichten erzählt, laut und hitzig ging es da zu. Da mein Opa nicht mehr so gut hören konnte und uns Kindern das Getratsche der Erwachsenen nicht interessierte, war er für uns ein perfekter Spielpartner. Allerlei Brett- und Würfelspiele wurden hier ausprobiert, und auch Kartenspiele kamen nicht zu kurz.

Soweit ich mich erinnern kann, buk Omi jeden Samstag einen sogenannten Weinbeerschlögel, einerseits für das Sonntagsfrühstück, aber auch für den Nachmittagskaffee mit der Verwandtschaft. Er ist so in meinem Gedächtnis verankert, dass ich mich an etwaige Kuchen, die sie sicher auch gebacken hat, gar nicht mehr so erinnern kann.

Der Schlögel (auf oberinnviertlerisch wird er „wei’birl’schlege“ ausgesprochen) ist ein Germteiggebäck, ähnlich eines Milchbrotes. Der Teig ist allerdings viel weicher und bei den Rosinen darf nicht gespart werden. Von denen kommt auch der Name, denn Rosinen wurden früher als „Weinbeeren“ bezeichnet. Als Kind habe ich sie immer herausgepickt – allerdings blieben dann von meiner Schnitte meist nicht mehr als nur ein paar Krümel übrig… Traditionell gab es dazu eine kräftige Portion Schlagobers, denn so hat meine Omi das Gebäck am liebsten gegessen.

Leider hat mir meine Großmutter das Rezept nie gegeben, allerdings bin ich auch ganz sicher, dass sie gar keines hatte. Das Gebäck war bei ihr meist eine Verfeinerung des „Zöltel“-Teiges (regionaltypische Weckerl, die in unserer Gegend sehr beliebt sind), also gar nicht wirklich so „original“ wie man meinen könnte. Deshalb habe ich nun in ganz alten Kochbüchern gestöbert und ein Rezept zusammengestellt, das vom Geschmack und der Konsistenz dem Schlögel meiner Omi schon sehr nahe kommt. Aber trotzdem weiterentwickelt für die jetzige Zeit, in der man nicht mehr mit Eiern, Butter oder Milch sparen muss. Außerdem ist das Rezept nun ausgelegt auf eine Kastenform, meine Großmutter buk den Schlögel in einer Rein (Bratenform). Denn wie sagte ein kluger Mann (Jean Jaurès) einmal: „Tradition ist nicht das Anbeten der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.“ Es geht nicht darum, alles genauso wie früher zu machen, sondern Dinge weiterzuentwickeln, sie nicht zu vergessen, und behutsam in die Jetzt-Zeit zu transportieren.

Und wenn ich den Schlögel nun am Sonntagmorgen mit meiner Familie genieße (während meine Tochter rechts von mir die ganzen Rosinen rauspickt 😉 ), so denke ich an meine Vorfahren zurück, voller Liebe und mit vielen Erinnerungen.

Somit kann man durchaus behaupten, dass in diesem Gebäck all die Liebe von früher und heute steckt und er ist deshalb der perfekte Beitrag für die Kategorie „Backen mit Liebe“ des Austrian Food Blog Awards 2021.

Gutes Gelingen wünsche ich euch und genießt das gemeinsame Essen mit euren Liebsten.

Eure Veronika

Weinbeerschlögel

4.80 von 20 Bewertungen
Vorbereitungszeit 1 Stunde 20 Minuten
Zubereitungszeit 30 Minuten
Portionen 1 Kastenform (Länge 30 cm)

Zutaten

  • 400 g Mehl (glatt)
  • 50 g Zucker
  • 120 g Butter (ganz weich oder zerlassen)
  • 1 Stück Ei
  • 1 Stück Dotter
  • 20 g Germ (frisch)
  • 250 ml Milch (lauwarm)
  • 100 g Rosinen (Weinbeeren)
  • weiche oder zerlassene Butter für die Form

Anleitungen 

  • Den Germ in der Milch auflösen und mit den restlichen Zutaten (außer den Rosinen) in der Küchenmaschine verrühren. Erst ganz zum Schluss die Rosinen langsam unterrühren (damit sie nicht zerquetscht werden). Der Teig ist sehr weich.
  • Den Teig in der Schüssel zugedeckt eine Stunde gehen lassen.
  • Eine Kastenform befetten und den Teig direkt aus der Schüssel einfüllen. Den Teig in der Form noch einmal etwa 15 min. gehen lassen.
  • Den Schlögel im vorgeheizten Rohr bei 180 °C Heißluft etwa 30 min. backen.
  • Das Gebäck aus dem Rohr nehmen, vorsichtig aus der Form stürzen und auf einem Kuchengitter vollständig auskühlen lassen.

Notizen

  • Die Butter für den Teig sollte wirklich sehr weich sein. Falls die Butter zerlassen wird, sollte man darauf achten, dass sie gut überkühlt zum Teig gegeben wird.
  • Traditionell haben wir den Schlögel früher mit frisch geschlagenem Schlagobers gegessen. Mit Butter und Marmelade schmeckt er natürlich genauso gut.
  • Restl-Tipp: Sollten ein paar Schnitten übrig bleiben, sind sie die perfekte Basis für Pofesen: dafür einfach jeweils zwei Schnitten mit Powidl zusammensetzen, in versprudeltes Ei tauchen und in Butterschmalz ausbacken.
Gericht: Kuchen & Co
Küche: Österreichisch

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